Rasender Roland: Wasser & Dampf auf Rügen – und eine Wanderung

Die alte Eisenbahn schnauft und spotzt. Schwarzer Dampf steigt aus ihrem ebenso schwarzen Schornstein und es riecht nach Kohle. Die Kinder hüpfen aufgeregt auf und nieder – gleich geht es los! In ein paar Augenblick dürfen wir in die alten Waggons des Rasenden Rolands steigen.

Während unseres Rügen-Urlaubs haben wir unser Zelt auf einem Campingplatz in Göhren aufgeschlagen und hören jeden Tag das Schnaufen der alten Dampflok, denn die Schienen führen genau am Platz vorbei. Grund genug, einen Ausflug zu buchen. Wir haben uns entscheiden, die Fahrt etwas sportlicher zu gestalten und haben ein Kombi-Ticket gekauft, mit dem wir sowohl die historische Kleinspurbahn als auch das Fährschiff der Weißen Flotte besteigen können. Von Lauterbach würde uns das Schiff nach Baabe bringen. Vor dort wollten wir zurück nach Göhren wandern.

Die Tickets, die wir am Bahnhof von Röhren gekauft haben, in der Hand, stiegen wir in den Zug. Dabei: Ein Rucksack mit Snacks und Getränken und ganz viele Aufregung. Denn die Kinder sind in ihrem Leben fast noch nie Zug gefahren – unglaublich, aber wahr. Und hier konnten sie aus geöffneten Fenster schauen, sich auf den Plattformen am Ende der Waggons herumtreiben und wagemutig zwischen den teilweise 100 Jahre alten Waggons umherspazieren. Und das während der Fahrt!

Los ging es also in Göhren. Die Strecke der Schmalspurbahn führte durch den Wald und das schummrige Licht, das durch die Bäume auf die Schienen fiel, gab der ganzen Fahrt einen noch verwunscheneren und mystischerer Anstrich. Schmalspurbahn bedeutet übrigens, dass die Schiene schmaler ist als bei einer gewöhnlichen Eisenbahn (nämlich 750 Millimeter). Ursprünglich betrieb die Rügensche Kleinbahn (RüKB) das damals ausgedehnte Schienennetz der Insel zwischen 1895 und 1945. Heute ist nur noch die rund 24 Kilometer lange Strecke von Göhren über Binz, Sellin und Baabe nach Putbus übrig.

Der schönste Platz im Zug: Im letzten Waggon läßt sich die vorbeiziehende Landschaft besonders schön beobachten. (Foto: Wimber)

Natürlich führte die Fahrt nicht nur durch den Wald. Aber trotzdem ging es meist natürlich zu – Wiesen, Felder, kleine Dörfer. Als wir in den „großen“ Bahnhöfen Sellin und Binz stoppten, hängten wir uns aus dem Fenster und schauten den anderen Fahrgästen bei ein- und aussteigen zu.

In Lauterbach/Mole steigen wir aus. Alle zwei Stunden verkehrt der Zug von hier nach Göhren bzw. in die andere Richtung. Wir beobachteten den Zugführer noch eine Weile, wie er rangierte. Hörten dem Dampf zu, wie er zischend aus dem Schornstein stieg und machten uns dann langsam auf den Weg zur Mole. Das Schiff würde erst in rund 1,5 Stunden ablegen. Zeit für ein kleines Mittagessen und eine Pause.

Wartezeit in Lauterbach: Eis geht immer!
Mittagspause in lauterbach/Mole: Am Hafen gibt es zahlreiche Restaurants und Kioske, die kleine, größere und günstige, teure und leckere Mahlzeiten anbieten. (Fotos: Wimber)

Die Schifffahrt gestaltete sich für die Kinder leider sehr langweilig. Wir hatten vergessen, etwas zum Malen, Lesen oder sonstige Beschäftigung mitzunehmen. So hingen die Kinder unter der Bank, auf unserem Schoß, auf dem blendend weißen Tisch oder blickten übers Wasser. Das war für uns deutlich spannender als für die Kids. Wir passierten die Naturinsel Vilm, die früher Urlaubsinsel für verdiente Funktionäre der DDR-Regierung war und heute Naturschutzgebiet ist. Seit 100 Jahren, so erfuhren wir, hatte niemand sich mehr um den Wald und den Wildwuchs gekümmert. Weil hier zudem viele seltene Pflanzen- und Baumarten stehen, gilt die Insel als Naturparadies. Glaub machen kann man dort nicht mehr, aber Führungen buchen. Interessant auch: In der Bucht vor dem Naturschutzgebiet Mönchsgut, in dem Göhren lag, hat Segeln eine lange Tradition. Allerdings war kurz hinter der Ausfahrt zur offenen Ostsee Schluss. Weiter durften die DDR-Bürger damals nicht. Fluchtgefahr.

Hafenmeisterbüro in Baabe auf Rügen. (Foto: Wimber)

In Baabe gingen wir von Bord. Unsere Handy-App beschrieb uns den Weg zurück nach Göhren und so machten wir uns auf – schließlich hatten wir fast den ganzen Tag gesessen. Wir hatten damit gerechnet, gut eine Stunde für die rund 4 Kilometer unterwegs zu sein. Aber irgendwie waren wir entweder falsch abgebogen oder hatten uns verschätzt – wir brauchten 2,5 Stunden! Der Weg war allerdings wirklich nett. Er führte quer durch das Mönchsgut, über Feldwege und durch den Wald und letztendlich sogar quer zur Strecke des Rasenden Rolands. Wir grüßten freundlich – und hofften, auch bald am Ziel zu sein. Weit war es dann auch nicht mehr. Und das Abendessen hatten wir uns an diesem tag redlich verdient!

Quer durchs Mönchsgut.
Über sandige Waldwege.
Der Roland fährt vorbei. (Fotos: Wimber)

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