Kampf dem Plastikmüll: So wollen Projekte helfen

Immer wenn ich an den Strand gehe, habe ich mittlerweile eine Tasche dabei. Da kommen aber keine Strandfunde wie Meerglas oder Treibholz hinein, sondern Müll – meistens ist es Plastik. Dass die Meere immer weiter vermüllen, ist ja nun hoffentlich allen bekannt nach den zahlreichen Meldungen, Gesetzesinitiativen und Fernsehsendungen zum Thema.

Erschreckend fand ich dennoch die Meldung über die Größe der Müllstrudel in den Meeren (z.B. hier). Sie haben mittlerweile sogar Namen erhalten. Der Great Pacific Garbage Patch im Nordpazifischen Strömungskreis ist der größte dieser Müllstrudel und wird auf 700.000 bis mehr als 15.000.000 km² geschätzt. Diesen Plastikmüll kann man sehen. Die kleinen Mikroplastikteile sind jedoch oft mit bloßem Auge nicht erkennbar – und auch sie befinden sich inzwischen in allen Meeren unserer Welt. Teilnehmer des Volvo Ocean Race, einem Segelwettbewerb um die Erde, haben mit der „Turn the Tide of Plastic“ mit einem am Schiff angebrachten Filter Daten zu Mikroplastik gesammelt. Das Ergebnis: Es ist überall, sogar am am weitesten vom Festland entfernten Punkt – Point Nemo.

Was also tun? Weniger Plastikprodukte verwenden und nichts in die Natur schmeißen – ist klar! Doch wie kriegen wir den Müll wieder aus dem Meer raus? Hier stelle ich euch fünf Initiativen vor, die genau das versuchen.

Pacific Garbage Screening

Beim Tauchen trieben der angehenden Architektin Marcella Hansch immer wieder Plastiktüten, Flaschen und anderer Müll vor die Brille. Als sie sich näher mit der Problematik der Verschmutzung durch Plastikmüll beschäftigte, kam ihr die Idee einen Müllschlucker im Meer zu bauen. Das riesige schwimmende, an einen amorphen Kamm erinnernde Bauwerk wurde Thema ihrer Abschlussarbeit und nachdem sie bis zu Sommer vergangenen Jahres mit Hilfe von Crowdfunding ausreichend Geld gesammelt hatte, setzte sie das Projekt Pacific Garbage Screenings jetzt um.

Aktuell bewegen sich die Forschungen weg von einer großen, stationären Plattform nahe des Great Pacific Garbage Patch hin zu kleineren Standorten an Flussmündungen. Zum einen soll damit der Warnung der Wissenschaftler Sorge getragen werden, die Müllstrudel seien mittlerweile eigene Ökosysteme, die damit zerstört werden würden. Zum anderen soll das Plastikmüll dort aufgehalten werden, wo er entsteh. Nun sind die Mitarbeiter des PGS auf der Suche nach geeigneten Standorten. Anschließend soll geklärt werden, welche Konstruktion sich für das jeweilige Mündungsgebiet eignen würde.

Auch an der Fragen was mit dem gesammelten Plastik passieren soll, sind Hansch und ihr Team dran. Denn das gesammelte Plastik lässt sich schlecht wiederverwertet, da die Moleküle durch das Salzwasser zerstört wurden. Zudem befinden sich in der Sammelmasse unterschiedliche Plastikkarten. Hansch schlägt vor, das gewonnene Plastik zu vergasen. „Dabei werden die Plastikpartikel in ihre Grundmoleküle aufgespalten. Es entsteht ein synthetisches Gas, hauptsächlich bestehend aus Wasserstoff und Kohlenstoffdioxid. Den gewonnenen Wasserstoff könnte man als Energieträger für Brennstoffzellen nutzen. Diese würden als ökologische und umweltschonende Energiequelle für den gesamten Betrieb der Anlage dienen“, schreibt sie auf der Internetseite. „Damit das entstandene Kohlenstoffdioxid nicht in die Atmosphäre gelangt, wird es Algenkulturen zugefügt, denen es als Grundnahrungsmittel dient. Sie werden großflächig auf der Wasseroberfläche der Plattform gezüchtet; ihre Biomasse könnte als Ausgangsmaterial für umweltverträglichen Biokunststoff dienen.“

Seabin Project

Der „Seabin“ ist tatsächlich ein im Meer schwimmender Mülleimer. Gedacht ist dieser für Häfen, denn er benötigt einen Stromanschluss. Mit einem breiten Schwimmring treibt der Mülleimer auf der Oberfläche. Unter Wasser befindet sich eine zylindrische Sammelvorrichtung samt Pumpe. Diese saugt das Wasser – und damit den Müll – an. So können rund 20 Kilogramm Müll aufgefangen werden. Mikroplastikpartikel mit einer Größe von bis zu 2 Millimetern bleiben ebenfalls hängen. Der Seabin sollte den Entwickler, den australischen Surfern Andrew Turton und Pete Ceglinski zufolge, täglich kontrolliert werden. Einmal im Monat empfehlen sie eine Reinigung. Auch Turton und Ceglinski sammelten das notwenige Gelder Crowd Funding und legten 2016 mit dem Bau der ersten, rund 4.000 Dollar teuren Tonne los. Zurzeit versuchen, sie die Fanggröße zu minimieren, sodass auch noch kleinere Mikroplastikpartikel eingefangen werden können.

The Ocean Cleanup

Als Wunderkind der Meeressäuberung könnte Boyan Slat bezeichnet werden. Noch nicht volljährig hat der heute 24-Jährige eine Lösung erdacht, den Müll im Meer zu sammeln. Ähnlich wie eine Ölsperre soll sie funktionieren. Unterstützung fand der Niederländer von der Regierung und Universitäten wie der TU in München und der Sorbonne in Paris. Auch hier spiele Crowdfunding eine wichtige Rolle – rund zwei Millionen Dollar sammelte Slat 2014 über das Internet. 2016 wird der erste Prototyp in der Nordsee erprobt. Danach verbesserte das Team des Ocean Cleanup die Müllfangbarriere weiter und hat nach drei Tests das System 001 – mit dem Spitznamen „Wilson“ – vor San Francisco ins Wasser gebracht. Die Gummiwulst mit Müllfangvorhang und Stabilisatoren wurde im Oktober 2018 von einem Schlepper zum Great Garbage Patch gezogen. Ende vergangenen Jahres meldete The Ocean Cleanup jedoch, dass es noch weitere technische Probleme zu lösen gebe. So gelange immer wieder Müll aus der Barriere, bevor es den Mitarbeitern gelingt ihn abzufischen. Der Grund ist noch unbekannt.

Problem
Kritiker haben schon frühzeitig Bedenken geäußert. Zum einen würde aufgrund der Strömungseigenschaften kein Plastik gestoppt werden können und auch Mikroplastik würde sich nicht hier sammeln. Zum anderen würde die Barriere für Fische zur Falle werden.

Slat und sein Team liegen gut ein Jahr vor dem eigenen Zeitplan – also noch ausreichend Zeit, das System zu überarbeiten.

One Earth – One Ocean

Eine weitere Initiative, die die Meere vom Plastikmüll befreien will, ist die Maritime Müllabfuhr des Vereins One Earth – One Ocean e.V. Mit den relativ kleinen Müllsammlerschiffen „SeeKuh“ und „SeeHamster“ sollen Müll sowie Chemikalien und Mineralöl in Binnengewässern oder Meeren gesammelt werden. Der Plan von Günther Bonn sieht vor, dass die Schiffe in einigen Jahren vollautomatisch und angetrieben durch Wind- und Solar-Energie selbständig Plastikmüll sammeln, der anschließend zum Müllverwertungsschiff „SeeElefant“ gebracht und  dort recycelt beziehungsweise in schwefelfreies Heizöl verwandelt werden soll.

2012 wurden die ersten „SeeHamster“ ins Wasser gelassen. Die nur etwa vier Meter langen Doppelrumpfboote sind mit herunterklappbaren Fangnetz oder Fanggeschirr ausgestattet, mit dem der Plastikmüll aus Binnengewässern gesammelt wird. In diesem Jahr wird die fünfte Generation der „SeeHamster“-Schiffe in Kambodscha in Betrieb gehen.

Die „Seekühe“ testete One Earth – One Ocean 2017 erstmals in der Ostsee vor Lübeck. Die größere Schiffe haben Fangnetze, die Plastikmüll bis zu einer Tiefe von zwei Metern sammeln können. Die die „SeeKuh“ sehr langsam unterwegs ist – nur 1 bis 2 Knoten – können der Umweltorganisation zufolge Meerestiere das Netz umgehen. Die „SeeFarmer“ bringen den gesammelten Müll zum Recyclingschiff „SeeElefant“, auf dem dann der eingesammelter Plastikmüll sortiert, zerkleinert, recycelt oder geschmolzen und so zu schwefelfreiem Heizöl umgewandelt werden soll.

4ocean

Andere Müllsammel-Initiativen lassen sich unterstützen, indem sie Produkte verkaufen. Ich besitze zum Beispiel ein Armband von 4ocean. Ähnlich der Idee von One Earth – One Ocean beschäftigt die amerikanische Organisation zum Großteil ehemalige Fischer auf Booten, die Plastik aus dem Wasser fischen. 2017 gründeten zwei amerikanische Surfer die Organisation in Florida, nachdem sie in Bali bei einem Surf-Trip die entsetzliche Meeresmüll-Situation erlebt haben. Vor der Küste Floridas, auf Bali und seit kurzem auch in der Karibik hat die Organisation Standorte. 150 Mitarbeiter beschäftigt die Organisation und hat eigenen Angaben zufolge 4.169.204 Pfund Plastikmüll aus dem Meer gefischt.

Unterstützer können für 20 US-Dollar Armbänder kaufen, die 4ocean dabei unterstützen, 1 Pfund Plastik aus dem Meer zu fischen. Jedes Armband besteht aus durchsichtigen Plastikperlen, die aus alten PET-Flaschen hergestellt werden – nicht aus dem gesammelten Müll. Das Meeresplastik wird sortiert und dem Recycling zugeführt. Das Band gibt es in unterschiedlichen Farben. Damit können Käufer nicht nur 4ocean unterstützen, sondern auch andere Organisationen, die 4ocean unterstützt – also etwa zum Schutz von Korallenriffen, Seevögeln oder Meeresschildkröten. Sammelbeutel gibt es übrigens auch auf der 4ocean-Seite.

Surfers Against Sewage

Eine Gruppe britischer Surfer arbeitet im etwas kleineren Stil an sauberen Stränden und sauberem Wasser. Die Surfers Against Sewage organisieren Müllsammlungen an Küsten und bieten Kurse an Schulen an, die Kinder für die Umweltproblematik sensibilisieren soll. Beheimatet sind die Surfer in Cornwall, sie organisieren aber Beach Cleanups auf der gesamten britischen Insel. Auch ans britische Parlament sind die SAS herangetreten, haben eine überparteiliche Gruppe innerhalb der Executive zusammengestellt (Surfers Against Sewage’s Ocean Conservation All-Party Parliamentary Group (APPG)) und eine Arbeitsgruppe gebildet, die Parlamentarier und Ozean-Liebhaber zusammenbringt. Unterstützen könnt ihr die SAS mit Spenden oder mit dem Kauf von Pullis, T-Shirts, bechern und Co.

Clean Oceans Initiative

Diese Initiative legt einen anderen Fokus. Nicht aktive Meeresentmüllung, sondern die Vermeidung von Müll im Meer ist hier das Hauptinteresse. Die Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) hat dafür gemeinsam mit der Europäischen Investitionsbank (EIB) sowie der französischen Entwicklungsbank AFD 2018 eine europäische Initiative zum Schutz der Meere vor Verschmutzung und Mülleintrag gegründet. Die Clean Ocean Initiative will in den nächsten fünf Jahren zwei Milliarden Euro bereitstellen, um Abfallentsorgung und Abwasserreinigung in Entwicklungs- und Schwellenländern zu finanzieren. Ein interessantes Interview lest ihr hier. Danach soll sich die Unterstützung eher auf Projekte konzentrieren, die verhindern, dass Plastikmüll gar nicht erst ins Meer gelangt. Erste Projekte wurden unter anderem in Indonesien gestartet, wo neue Müllverbrennungsanlagen entstehen und die Bevölkerung über Recycling aufgeklärt werden soll.

Schreibe einen Kommentar