In der Unterwelt: Führung durch den Helgoländer Bunker

Wenn du auf Helgoland bist und dich oben auf der Insel herumtreibst, dir die Basstölpel und die Lange Anna anschaust, dann ahnst du vielleicht gar nicht, dass unter dir eine System verborgener Gänge liegt. Sich die Bunkeranlage in der Insel anzuschauen ist eigentlich ein Muss für alle Helgoland-Besucher. Aber Vorsicht: Es wird eng und beklemmend. Für Kinder unter 12 Jahren ist die Führung nicht zu empfehlen.

Bereits zwei Mal habe ich an der Bunkerführung teilgenommen. Und beide Mal haben mich beeindruckt. Wenn die Besuchergruppe auf den schmalen Bänken sitzt und dem Vortrag lauscht – rechts und links nur ein langer gang, oben und unten nur weiß getünchter Feld – dann bekommt man einen schaurigen Eindruck von dem , was die Helgoländer während des Zweiten Weltkriegs hier unten durchgemacht haben müssen.

Aber von vorne. Los geht es Am Falm. Hier trifft sich die Gruppe mit ihrem Führer, der noch einmal darauf hinweist, dass es unter die Erde geht. Dann geht’s los die Kirchstraße hinunter und am Maulbeerbaum – der wird später noch eine Rolle spielen – vorbei zum Eingang in die Unterwelt. Der liegt beim Kindergarten. Nach ein paar Treppenstufen ist bereits Schluss. Klaus erklärt, dass wir gleich eine ganz besondere Treppe hintergehen – eine Anti-Panik-Treppe, die mit zwei Treppenhäusern gegenläufig nach unten führt.

Die anderen immer im Blick: Anti-Panik-Treppe im Helgoländer Bunker (Foto: Wimber)

Unten empfängt uns ein langer Korridor, der scheinbar kein Ende nimmt – was sonst. Er ist an vielen Stellen grün. Also erhalten wir erst einmal die Information, dass es sich um Lampenflora handelt. Die Algen und Cyanobakterien begannen zu wachsen, nachdem in dem langen Gängen Neonlampen installiert wurden. Sie sind unbedenklich und mittlerweile zum Gegenstand zahlreicher wissenschaftlicher Untersuchungen geworden.

Lampenflora in der Helgoländer Bunkeranlage. (Foto: Wimber)

Anschließend geht es meterweise abwärts. Der Korridor ist minimal abfallend; der Eingang rückt langsam aber stetig in immer weitere Ferne. Ein beklemmendes Gefühl steigt auf. Eine Besucherin muss die Gruppe verlassen. Klaus zeigt uns verschiedene Räume, in sich die Stationsleiterin aufgehalten hat, wo Müttern mit ihren Kindern lebten oder wo die hier Wartenden ihre Notdurft leisten konnten.

Alle paar Meter hängen Schilder an der Wand, die die Länge der Stollen und den Bau der gesamten Anlage verdeutlich sollen. Natürlich gibt es ausführliche Schilderungen zur Geschichte der Insel im Zweiten Weltkrieg. Lebendig wird die Scheidung durch Augenzeugenberichte. Einige Helgoländer waren in ihrer frühsten Kindheit noch hier unten. Viele erfuhren von ihren Angehörigen, wie schrecklich das Ausharren auf den Bänken – jeder hatte seinen festgelegten Platz – gewesen sein musste.

Am Ende des Korridors geht es nach rechts. Wieder liegt ein endloser Gang vor uns. Wieder ein paar Räume. Wieder Enge. An einer Stelle ist der Fels freigelegt. Wer bisher noch nicht realisiert hat, dass wir uns wirklich IN Helgoland befinden, merkt es spätestens jetzt.

Nach rund einer Stunde erreichen wir unseren letzten Stopp. Hier hängen historische Ausnahmen vom alten Helgoland – vor der Bombardierung, aus der die heutigen Architektenhäuser entstammt. Dann bin ich randvoll mit Informationen und Eindrücken – und der Gewissheit, dass ich froh bin, dieser Angst um das eigene Leben, das Hab und Gut nie ausgesetzt gewesen bin.

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