Surfen: Ein Einsteigerbericht

Das erste Mal auf dem Brett hatte ich mir anders vorgestellt. Irgendwie spektakulärer. Sattdessen liegt das Brett auf dem Sand. Ich auf Brett. Trockenübungen. Der Surf-Lehrer, Mark, hat uns vorgemacht, wie man das Segel in eine aufrechte Position bekommt – nämlich indem man an einem schwarzen Tampen zieht, das am Mast und am Gabelbaum festgemacht ist. Davor haben wir SEgelkontrolle geübt. Dabei durfte das aufgestellte Segel nicht umfallen während wir die Hand wechselten oder schnell auf den Platz des Nachbarn wechselten. ANun muss ich die Trockenübung Rigg-aufholen machen. Zwei Mal ziehe ich das Ding vom Rasen nach oben in meinen Griff. Es wir warm. Sehr warm. Ich fühle mich in der schwarzen Gummihaut, die mein Surfanzug ist wie eine Grill-Kartoffel! Ein paar Minuten länger und ich bin gar…

Dann endlich: Brett zum Wasser. Segel zum Wasser. Mast mit Mastfuß und Brett verbinden. Das ganze sperrige Zeug ins tiefere Wasser schieben. Wasser läuft mir in den Anzug. Es ist eiskalt. Nach dem Hitzeschock schiebt sich jetzt der Kälteschock langsam meinen Körper hoch. Japs! Japs! Aber da muß ich jetzt wohl durch. Ich schiebe das Brett bis mir das Wasser bis zur Brust steht. Dann robbe ich aufs Brett. Versuche aufzustehen (ohne reinzufallen). Beide Füße parallel stellen, genau in die Mitte vom Brett (ohne reinzufallen). Das Brett wackelt. Dann wird die Trockenübung vom Strand zur Naßübung: Startschot greifen (ohne reinzufallen); mit der Startschot das Segel langsam aus dem Wasser ziehen (ohne reinzufallen); Wasser vom Segel ablaufen lassen und möglichst kein Hohlkreuz machen, das geht nämlich auf den Rücken (hat Mark gesagt); Mast anfassen (ohne reinzufallen); Segel in den Wind drehen, auspendeln lassen; Rigg – soheißen nämlich Mastm Gabelbaum und Segel zusammen, habe ich gerlernt – zu mir ranziehen (ohne reinzufallen); Gabelbaum mit der anderen Hand anfassen (ohne reinzufallen). Nach einigen Versuchen (bei denen ich doch ins Wasser gefallen bin) habe ich es geschafft. Wind greift ins Segel. Es bläht sich (soviel es sich eben bei 2 Wind-stärken eben kann). Ich fahre!!! Ich surfe! Ich bin die Königin der Bretter!! Huch. Die Fahrt geht nicht weiter… Ach ja, mein Surfbrett ist ja an mit einer Leine an einer Boje gesichert. Damit die Königin nicht abtreibt…

Nach gut zwei Stunden bin ich völlig fertig. Meine Arme schmerzen, ich fühle mich wie Watte im Waschbecken – aufgedunsen. Mein Finger sind auch ganz taub. Abgestorben geradezu. Die Königin mutierte zum Wrack!

Drei Tage später: Mein letzter Tag in der Surfschule. Aufriggen kann ich schon alleine. Brett und Segel schiebe ich noch immer aufs Wasser raus. Heute haben wir Windstärke 3-4. Wellen kräuseln sich auf dem Wasser, ich rigge das 4,5er auf. Trotzdem habe ich Probleme es aus dem Wasser zu zerren. Der Wind reißt es mir immer wieder aus den Händen. Oh Gott, was soll ich nur bei richtigem Wind machen?! Häng‘ dich ins Segel, ruft Mark mir vom Ufer zu. Der ist witzig! Wie denn? Dann falle ich ja hinterrücks ins Wasser! Nach einer Stunde bin ich körperlich und psychisch am Ende. Ich stampfe wütend, enttäuscht, mit krallenartiger Händen aus dem Wasser.

Meinen Surfschein bekomme ich trotzdem. (Natürlich erst nachdem ich auch die Theorie bestanden habe!)

 

Als richtiger Surfer fahre ich drei Monate später nach Klitmøller. Es ist schönstes Septemberwetter. Ich leihe mir zusätzlich einen Wellenreiter aus, denn in der Nordsee sind nicht nur die Teerklumpen größer, sondern auch die Wellen. Vielleicht komme ich ja dazu, auf dem Brett (das für viele die Welt bedeutet) auf den sagenhaften Wellenkämmen der Nordsee zu reiten!

In Dänemark scheint die Sonne. Kein Wind. Wenig Wellen. Die Windsurfer sind genervt – aber so ist das eben! Stattdessen spiele ich mit dem Wellenreiter im Wasser – nicht wirklich erfolgreich, aber micht viel Spaß. Am nächsten Tag weht es endlich. Wir fahren zum Vandet Sø – einem nahen Binnesee. Endlich kann ich mein 3,30 m Schlachtschiff aufriggen.

Auf dem See herrscht eine heftige Brise. Ich zerre mein Segel aus dem Wasser. An der Startschot – so wie ich es gelernt habe. Der Wind reißt mir fast sofort das Segel aus der Hand und haut mich ins Wasser, denn der Wellengang ist auch nicht ohne. Der zweite Versuch ist erfolgreicher. Startschot geschnappt, Mast umfaßt, ausrichten, Gabel ergreifen. Dann hänge ich mich rein. Lege mich in den Wind. Der Wind faßt ins Segel, ich schieße vorwärts! Ich surfe! Ich surfe richtig, mit Wind, Wellen und allem drum und dran!

Später probiere ich sogar den Beachstart, den mir Mark noch gezeigt hat – erfolgreich. Wow! Sollte auf mir gar ein Windsurfer werden?

Am Ende das Tages sind meine Hände wund, ich friere trotz Surfanzug, meine Augen schmerzen vom vielen Wasser und meine Beine zittern vor Erschöpfung. Als ich wieder an Land gehe, muß ich mich erst wieder an festen Untergrund gewöhnen. Aber ich bin rundum zufrieden.

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